Wetten – oder warum ich nicht auf Spatzen schieße

Wetten –
oder warum ich nicht auf Spatzen schieße

Video zu einem Galopprennen

Warum ich nicht auf Spatzen schieße, sondern lieber auf Pferde wette? Weil ein toter Spatz in meiner Hand mir ein mieses Gefühl macht, ein siegreiches Rennpferd aber ein Glücksgefühl verschafft. Und weil Spatzenschießen verboten und amoralisch ist, Pferdewetten sind es aber nicht. Natürlich kann ich auch auf der Rennbahn im Stadtwald die Pferde laufen und siegen sehen, ohne darauf zu wetten. Den Tag im Freien, die Sonne und die grüne Kulisse genießen. Aber dann laufen sie, jede halbe Stunde etwa, einmal um die Bahn oder auch etwas weiter, aber nach wenigen Minuten ist es wieder vorbei. Und dann warte ich auf den nächsten Start und langweile mich. Nein, den Nachmittag gestalte ich mir spannender. Ich schaue mir die Pferde an, wie sie von den Trainern gesattelt werden. Und danach im Führring ihre Runden drehen. Genau sehe ich hin und suche nach dem Pferd, das mich „anspricht.“ Das besonders munter ist, dessen Fell glänzt und das einen austrainierten Eindruck macht. Und beobachte, wie die Jockeys mit Schwung in die Sättel gehoben werden. Verstehen sich Pferd und Reiter? Dann blicke ich ins Rennprogramm oder die Fachzeitung, lese die letzten Formen der Starter, welchen Boden sie mögen oder welche Distanz. Erfahre daraus, welche Prognosen die Fachleute abgeben und sehe auf den Monitoren die Eventualquoten, die mir sagen, welche Wahl die Wetter bisher getroffen haben, wer Favorit ist und wer Außenseiter. Dann entscheide ich mich für eine Wette, in die alle Überlegungen einfließen – oder ich wette nach Gefühl auf ein Pferd, einen Jockey oder einen Trainer, denen ich einfach den Erfolg gönne. Vielleicht bevorzuge ich auch die Krefelder Aktiven, Trainerin Erika Mäder oder die Trainer  Hans Blume und Mario Hofer. Oder Hofers Tochter Steffi, erfolgreiche Rennreiterin. Wen auch immer ich auswähle, wenn dann das Feld startet, läuft mein Geld mit. Ich habe mir den Dress des Reiters gemerkt, verfolge die Farben, wie sie sich im Pulk der Pferde langsam nach vorne schieben. Und sehe dann, wie „mein Pferd“ im Ziel vorne dabei ist. Dann schaue ich mir noch an, wie „mein Sieger“ vor dem Waagegebäude abgesattelt wird, klatsche Beifall und habe es schon wieder eilig. Muss nämlich wieder zum Führring. Meinen Gewinn hole ich später ab, das kann ich beim Anlegen der nächsten Wetten mit erledigen. Vielleicht muss ich auch nur einzahlen, weil meine Tipps danebenlagen. Aber einige Treffer sind immer darunter. Weil meine Einsätze überschaubar bleiben, bleiben es auch die Verluste. Aber einen Gewinn habe ich immer: Ich erlebe einen aufregenden Nachmittag, immer habe ich mehr vom Wetten als von einem toten Spatzen in der Hand.

Hans Dieter Peschken