Die Spatzen

Die Spatzen

Die Spatzen sprangen umeinander und pickten zwischen Steinen und Grashalmen nach Brotresten. Der alte Mann hatte sie hingestreut, das tat er jeden Tag, wenn er im Park neben der Buche saß. Manchmal warf er die Krümel so weit er konnte. Dann flatterten die Spatzen kurz auf und stritten sich um die Beute. Wenn er sie mit näher gestreuten Krümeln wieder zu sich gelockt hatte, lächelte er. Er wartete auf die freundliche Frau. Sie war gestern gekommen, und ihre Hand auf seiner Schulter war ihm angenehm gewesen. Sie war lieb und schien ihn zu mögen. Die junge Frau könnte seine letzte Gefährtin werden, ihn den Rest seines Lebens begleiten. Dann müsste er abends nicht mehr alleine in dem hohen Bett liegen. Eine Hand auch in der Nacht neben sich fühlen. Und am Morgen, wie früher. Er bräuchte sie nur noch zu fragen. Das wollte er gleich tun. Er sah sie kommen, die weiße Bluse reflektierte das Sonnenlicht und machte aus ihrer Figur eine schwebende Madonna. Als sie näher kam, wurde das Weiß heller und größer. Er konnte aber hindurchschauen. Da wurde es dunkler, schwarz. Die Frau bückte sich als sie vor ihm stand und blickte dem Mann ins Gesicht. Dann strich sie mit den Fingern der linken Hand seine Augenlider nach unten. Sie ging um den Rollstuhl herum und schob ihn auf den Weg. Die Spatzen waren nur kurz weg gewesen. Jetzt hüpften sie nach Brot suchend an der alten Stelle. Sie würden morgen wiederkommen.

Hans Dieter Peschken